Die kleine Braunelle wirkt stark antibiotisch und kann von Halsschmerzen bis Bluthochdruck verschiedenste Beschwerden lindern. Früher galt sie als wichtige Heilpflanze gegen Diphtherie. Heute ist die Kleine Braunelle in Europa weitestgehend in Vergessenheit geraten, obwohl sie weit verbreitet auf Waldwegen und Wiesen wächst. Die Traditionelle Chinesische Medizin setzt sie dagegen in zahlreichen Rezepturen ein, unter anderem gegen schwerwiegende Krankheiten wie Krebs, Aids oder Tuberkulose. Neueste wissenschaftliche Forschungen bestätigen das große medizinische Potential des unscheinbaren Lippenblüters, auch als mögliche pflanzliche Alternative bei der Behandlung von Herpes, Diabetes oder ADHS.
Ursprünglich in Europa und Asien heimisch, ist die kleine Braunelle heute weltweit in den gemäßigten Klimazonen verbreitet. In Mitteleuropa kommt sie vom Flachland bis in Höhen von ca. 2000 Metern recht häufig vor. Mit einer Größe von 5 bis 40 cm Höhe ist sie jedoch eher unauffällig. Dicht über dem letzten Blattpaar bildet sich der Blütenstand mit zahlreichen lilafarbenen Lippenblüten. Er ähnelt ein wenig der Blütenähre des Lavendels. Die Scheinähreblüte steht am Ende eines vierkantigen, leicht behaarten, markigen Stängels mit lanzettförmigen gegenständigen Blättern. Die kleine Braunelle mag feuchte, nährstoffreiche Standorte. Deshalb findet man sie meist auf Waldwegen, an Bachufern oder in nicht zu hoch gewachsenen Wiesen und Weiden.
Vergessenes Allheilmittel
Ihren Namen hat die kleine Braunelle vermutlich von ihrer erfolgreichen Anwendung bei der Behandlung der gefürchteten Bräune-Krankheit – heute als Diphtherie bekannt. Einige vermuten den Ursprung aber auch in den machmal dunklen Verfärbung von Pflanzenteilen und Blüten. Die lateinische Bezeichnung prunella leitet sich wahrscheinlich auch vom deutschen Namen ab. Der Zusatz vulgaris bedeutet „allgemein, gewöhnlich“ und ist wohl ein Hinweis auf die weite Verbreitung der Pflanze.
Beinamen wie Gottheil oder die englischen Bezeichnungen Self-Heal und Allheal belegen, dass die Kleine Braunelle in früheren Zeiten auch in Europa als Heilpflanze geschätzt und sogar als eine Art Universalheilmittel gepriesen wurde. Volksheilkundlich wurde sie bei Entzündung und Geschwüren im Mund- und Rachenraum, bei Magen-Darmerkrankungen, zur Fiebersenkung und zur Wundheilung verwendet. Nach der Einführung chemischer Medikamente geriet sie – wie so viele pflanzliche Heilmittel – weitestgehend in Vergessenheit.
Heilkraut der TCM und UNANI-Medizin
Ganz anders in Asien. Als Xia Ku Cao sind die getrockneten Blütenstände der Kleinen Braunelle dort in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bekannt und beliebt. Zubereitungen daraus werden unter anderem gegen Bluthochdruck, Hepatitis, Brustdrüsenentzündung, Tuberkulose oder Krebs verwendet.
Die medizinische Verwendung der Kleinen Braunelle hat in Asien lange Tradition. Die früheste schriftliche Erwähnung des Heilkrauts findet sich im Shennong bencao jing. Dieses Buch über Ackerbau und Heilpflanzen soll vom chinesischen Urkaiser Shennong um 2800 v. Chr. verfasst worden sein. Auch wenn sich die Experten heute über das tatsächliche Alter des Buches uneinig sind, ist die Jahrtausende lange Verwendung der Kleinen Braunelle als wichtiges Heilkraut in Asien unbestritten.
In der Region Kaschmir wird die kleine Braunelle im Rahmen der traditionellen und von der indischen Gesundheitsbehörde anerkannten Unani-Medizin verwendet. Dort ist sie in zahlreichen Kräutermischungen gegen Halsentzündungen, Erkältungen oder für Sitzbäder nach der Geburt enthalten. Naturkundliche Ärzte der Region empfehlen eine Inhalation mit heiß aufgegossenem Braunellen-Kraut gegen Kopfschmerzen und behandeln in den Kliniken erfolgreich Herpeserkrankungen mit wässrigen Auszügen der Pflanze.
Heilkraut der Indianer
Auch die Indianer Nordamerikas kannten und nutzten die kleine Braunelle zu Behandlung verschiedener Krankheiten. Die Algonquin verwendeten den Tee gegen Fieber. Zur Stärkung des Herzens tranken sie einen schwachen Dekokt aus Wurzeln, Blättern und Blüten. Dazu werden Pflanzenteile kalt aufgesetzt und dann gekocht. Die Irokesen nutzten Auszüge der Pflanze gegen Erbrechen und Durchfall, bei Husten und Erkältungen oder bei Magenschmerzen und Krämpfen. Auch Rückenschmerzen oder Diabetes wurden damit behandelt. Bei verschiedenen Stämmen verbreitet war die Anwendung zur Waschung von Wunden und Verbrennungen, bei Halsschmerzen oder einfach als wohlschmeckendes und kühlendes Getränk. Druckstellen oder Augenentzündungen ihrer Pferde behandelten die Indianer ebenfalls durch Einreibungen und Spülungen mit Braunellen-Tee.
Mögliche Hilfe bei ADHS
Vor dem Hintergrund einer 2010 erfolgten Patentanmeldung der südkoreanischen Pharma-Firma Dongkook Pharmaceutical ist vor allem die von mehreren Stämmen berichtete Nutzung des Braunellen-Tees zur Beruhigung ständig schreiender Säuglinge spannend. Der Patentantrag des Unternehmens beinhaltet nämlich die Verwendung eines wässrigen oder alkoholischen Braunellen-Extraktes zur Behandlung von ADHS und von damit einhergehenden psycho-sozialen Störungen oder Lernproblemen. Auch wenn meiner Kenntnis nach hier noch kein offizielles Medikament auf dem Markt ist, bietet die kleine Braunelle also möglicherweise eine pflanzliche Alternative zur Behandlung von ADHS ohne die schlimmen Nebenwirkungen der chemischen Psychopharmaka. Auf einen Versuch mit dem wohlschmeckenden Braunellen-Tee sollten es betroffene Eltern vielleicht einfach mal ankommen lassen, bevor sie ihren Kindern drogenklassifizierte Stoffe wie Ritalin geben.
Zahlreiche Einsatzgebiete von Immunstärkung und Wundheilung bis Diabetes und Arteriosklerose
Insbesondere asiatische Forscher sind auf zahlreiche weitere vielversprechende Hinweise für Anwendungsmöglichkeiten der Kleinen Braunelle gestoßen oder haben altbekannte Heilwirkungen wissenschaftlich untermauert. Verschiedene Studien belegen: Die Kleine Braunelle wirkt blutdrucksenkend, antibakteriell, antiviral, antiseptisch, entzündungshemmend, leberschützend, antirheumatisch, wundheilend, harntreibend sowie tumor- und HIV-hemmend.
Einige Inhaltstoffe der kleinen Braunelle sollen laut koreanischen Wissenschaftlern außerdem antidiabetisch wirken, indem sie den Anstieg des Blutzuckersspiegels verringern, antioxidativ wirken und einen schützenden Effekt auf Bauchspeicheldrüse ausüben. Auch bei der Vorbeugung und Behandlung von insbesondere durch Diabetes verstärkter Arteriosklerose soll die Braunelle helfen und damit Arterienverkalkung, Herzkreislauferkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall entgegenwirken. Wiederum koreanische Forscher machen dafür eine entzündungshemmende Wirkung des Pflanzenextraktes auf die Zellwände der Blutgefäße und einen hemmenden Effekt auf unerwünschtes Wachstum der weichen Muskelzellen in den Blutgefäßen verantwortlich. Im Tierversuch mit Mäusen senkte die Behandlung mit Braunellen-Extrakt zudem deutlich den Gehalt an Gesamtplasmacholesterin, Triglycerid-und LDL-Cholesterin und erhöhte das gute HDL-Cholesterin.
Eine wirksame Pflanze gegen Herpes
Ein weiteres wichtiges Einsatzfeld der Kleinen Braunelle wird zukünftig sicher auch die Behandlung von Herpes sein. Diese dauerhafte Virenerkrankung äußert sich in wiederkehrenden, schmerzhaften und nässenden Bläschen an Lippen, Nase oder Genitalien. Alternative Heilmittel werden durch die zunehmende Resistenz der Viren gegen die gängigen chemischen Mittel wie Aciclovir immer wichtiger. Studienergebnisse kanadischer und chinesischer Forscher haben kürzlich gezeigt, dass bestimmte Extrakte der Kleinen Braunelle sogar bei Aciclovir-resistenten Herpes-Formen wirksam sind. Die Wirksamkeit bei Lippen-Herpes kann ich persönlich bestätigen. Mehrmaliges Auftragen des Frischpflanzensaftes oder einer Salbe aus Kleiner Braunelle direkt beim Auftreten der ersten Bläschen lässt die schmerzhaften Läsionen zumindest bei mir schneller abklingen als handelsübliche Salben. Meistens verschwinden sie schon am nächsten Tag. Das Auftragen der frischen Pflanze färbt die Lippen zwar etwas dunkel, aber die Verfärbung lässt sich leicht wieder abwaschen.
Möglicherweise können die Wirkstoffe der Braunelle zukünftig auch helfen, den Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht zu verringern. Weitere Studien belegen die Wirksamkeit von Braunellen-Extrakten beispielsweise gegen bakterielle Erkrankungen bei Fischkulturen oder bei der Eindämmung der Viren-Vermehrung bei der Equinen Infektiösen Anämie bei Pferden.
Ein vielseitiger Star für die Hausapotheke
Für die eigene Hausapotheke kann man sich die Wirksamkeit der kleinen Braunelle natürlich ebenfalls zunutze machen. Das Gurgeln mit Tee oder verdünnter Tinktur hilft bei Halsschmerzen und Entzündungen in Mund und Rachenraum. Den Tee kann man bei chronischen Atemwegsinfektionen, Magen- und Darmkatarrhen, grippalen Infekten, zu starker Monatsblutung oder leichten Durchfällen trinken. Auch auf Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre und Erkrankungen der Harnorgane soll er positive Wirkungen haben. Als Sitzbad soll er sich zur Linderung von Hämorrhoiden eignen. Bei Verletzungen oder entzündlichen Hautproblemen kann man sich mit einen teegetränkten Umschlag die antiseptische, entzündungshemmende und wundheilende Wirkung zu nutze machen. Zur Linderung von wunden Hautstellen oder Akne kann man den Braunellen-Tee auch sanft mit einem Wattebausch auf die betroffenen Stellen tupfen.
Für den Tee gibt übergießt man einen Teelöffel der frischen oder getrockneten Pflanze mit einer Tasse kochendem Wasser und lässt diesen 5-10 Minuten ziehen. Zum Gurgeln kann man einen stärkeren Dekokt herstellen, indem man 1 Teelöffel Kraut in einer Tasse Wasser kalt ansetzt, beides zusammen zum Kochen bringt und ca. 10 Minuten weiterköchelt.
Bei Zahnfleischproblemen oder zur Wundreinigung benutzt man am besten eine Tinktur aus blühender Braunelle, die man mit frischem oder getrockneten Kraut und mind. 38,5% Alkohol leicht selbst ansetzen kann. Das Auftupfen der Tinktur, einer Braunellen-Salbe oder direkt des frischen Pflanzensaftes auf befallenen Stellen kann wie gesagt auch bei Herpes-Infektionen helfen.
Der in der Pflanze enthaltenen Rosmarinsäure werden übrigens auch UV-schützende Wirkungen nachgesagt. Allerdings waren meine Experimente mit einer Braunellensalbe als Sonnenschutz bisher noch nicht zufrieden stellend. Hier werde ich aber noch weiter experimentieren.
Braunellen-Blütenessenz für Selbstheilung und Selbstvertrauen
Die von Bach inspirierte und heute um zahlreiche Pflanzen erweitete Blütenessenz-Therapie nutzt die Braunellen-Blüten übrigens zur Herstellung der Remedie „Self-Heal“. Dieses homöopathische Mittel soll die Selbstheilung anregen und das Selbstvertrauen stärken. Zudem soll es helfen, besser mit Stress umzugehen und Herausforderungen anzugehen. Insbesondere bei langwierigen Krankheiten soll es den Willen stärken, wieder gesund zu werden und sich nicht selbst aufzugeben.
Braunelle in der Küche
Neben all den heilenden Eigenschaften ist die kleine Braunelle übrigens auch kulinarisch verwendbar. Die ganze Pflanze enthält unter anderem Vitamin A und C. Sie hat relativ wenig Eigengeschmack, eignet sich aber durch die leichte Bitternote als ergänzendes Gewürz. Von April bis Mai kann man die jungen Blätter und Triebe, von Mai bis September die Knospen und Blüten in Wildsalaten, Kräutersuppen, Eintöpfen oder als Mischspinat mit anderen Wildkräutern verwenden. Fein gewiegt eignen sich die feinherben Blätter und Blütenknospen als Brotbelag oder als Zutat für Kräuterbutter, Dressings oder Kräuterquark. Für einen gesunden und wohlschmeckenden Tee kann man die frische oder getrocknete Pflanze entweder mit heißem Wasser aufbrühen oder ein paar Stunden im kalten Wasser ziehen lassen. Der Tee schmeckt leicht süßlich. Abkühlt eignet er sich besonders an heißen Sommertagen als Tagesgetränk, da er meiner Empfindung nach leicht abkühlend wirkt. Per Kaltauszug über Nacht lassen sich mit den getrockneten Blättern und Blüten der Kleinen Braunelle auch Getränke wie Fruchtlimonaden oder Bowlen aromatisieren. Ebenso sollen sie sich als Würze für Rauchtabak eignen.
Braunelle im Garten
Wer sich die Heilkräfte und kulinarischen Möglichkeiten der kleinen Braunelle in den Garten holen will, kann sie gut am Rand eines nicht zu kurz gehaltenen Rasens anpflanzen. Dort erfreut sie das Gärtnerherz zusätzlich mit ihren schönen Blüten. Bei mir hat sie sich ganz selbst eingefunden, man kann aber auch leicht ein paar Pflänzchen aus der Wildwiese in den Garten umsiedeln. Über oberirdische Ausläufer und lichtkeimende Samen bildet die ausdauernde und winterharte Pflanze bald kleine Bestände. Trotzdem neigt die Kleine Braunelle nicht zum Wuchern. Regelmäßiges Mähen verzeiht sie im Allgemeinen gut und bildet wie Gänseblümchen schnell neue Blütenköpfe. Wenn möglich sollte man der Braunelle einen sonnigen Standort geben, da sie dann mehr Wirkstoffe enthält. Als Waldpflanze gedeiht sie aber auch im Halbschatten gut. Am besten erntet man kleine Braunelle von Juli bis August, wenn sie in voller Blüte steht, da zu dieser Zeit die meisten Wirkstoffe enthalten sind. Man erntet die oberen Triebspitzen mit Blüte und ein bis zwei Blattpaaren. Aus den Blattachseln tiefer liegender Blätter treibt die Pflanze dann bald neue Blütentriebe nach.
Fröhliches Wildkräutern!
Der Wildkrautgarten